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„Die Präsenzstellen sind ein echter USP in Deutschland“ - Interview mit der Leiterin, Dr. Marita Müller, des Referats "BTU-Präsenzstellen"

Die Hochschulleitung misst den beiden Präsenzstellen der BTU (in Spremberg und in Finsterwalde) große Bedeutung zu. Deshalb hat das Präsidium die Einrichtung eines eigenen Referates „BTU-Präsenzstellen“ in der von Katrin Erb geleiteten Abteilung Wissens- und Technologietransfer zum 1. Oktober 2023 beschlossen. Die Leitung des neuen Referates übernimmt Dr. Marita Müller. Sie ist aufgrund ihrer nationalen und internationalen Erfahrungen in der Wissenschafts- und Hochschulkommunikation hervorragend geeignet, die Sichtbarkeit des innovativen Landesprojektes noch weiter zu stärken. Im Interview zeigt Frau Dr. Marita Müller auf, was die Schwerpunkte der Präsenzstellenarbeit sind und welche Herausforderungen sie sieht.

Marita Müller, BTU, Referatsleitung BTU-Präsenzstellen

Was sind denn eigentlich diese Präsenzstellen?

Die 2018 beziehungsweise 2020 gegründeten Präsenzstellen in Spremberg und Finsterwalde sind Anlaufstellen im ländlichen Raum. Sie informieren und beraten zu allen acht brandenburgischen Hochschulen im Land. Wir betreuen als BTU zwar nur diese beiden Präsenzstellen, aber das Aufgabenspektrum der KollegInnen vor Ort bezieht sich auf das gesamte Portfolio aller brandenburgischen Hochschulen. Die Präsenzstellenmitarbeitenden informieren somit zu den vier Universitäten sowie zu den vier Fachhochschulen. In der Präsenzstelle Spremberg arbeiten Ranzhi Liu und Anja Paulitz. In der Präsenzstelle Finsterwalde, die gemeinsam von BTU und TH Wildau betreut wird, arbeiten Frank Munser-Herzog (BTU) und Dominique Franke-Sakuth (TH-Wildau).

Gibt es Präsenzstellen auch in anderen Bundesländern?

Nein, bislang nicht. Die brandenburgischen Präsenzstellen sind somit ein echter USP in Deutschland. Die derzeitige politische Situation in den Peripherien lässt der Wissenschaftskommunikation und der Präsenz der Hochschulen vor Ort noch eine besondere Bedeutung zukommen.

Wo sehen Sie die Aufgaben und die Schwerpunkte in Ihrer Arbeit?

Die großen, unsere gesamte Welt betreffenden Veränderungen  – Klimawandel, Pandemie, Kriege – gehen mit Verunsicherungen in Teilen der deutschen Zivilgesellschaft einher. Diese großen Herausforderungen verlangen nach Antworten. Und hier sind die Hochschulen gefragt! Wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden und nicht nur in großen Städten Science Festivals und Wissenschaftsmärkte durchführen, sondern insbesondere auch mit den in den Regionen lebenden Menschen in Dialog treten, ihre Fragen aufgreifen und versuchen den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess verständlich zu machen. Es geht nicht darum, einfache und schnelle Antworten zu präsentieren; eher das Gegenteil ist der Fall! Es ist wichtig, das Prozesshafte in Wissenschaft und Forschung deutlich zu machen und hierfür nachhaltig Verständnis zu generieren.

Warum braucht es Präsenzstellen?

Der ländliche Raum ist lange vernachlässigt worden und wird gerade in der Wissenschaftskommunikation wieder neu entdeckt. Das zeigt sich zum Beispiel an der u.a. von der HRK betriebenen Initiative Heimspiel Wissenschaft, die vom BMBF gefördert wird. Das Land Brandenburg und hier insbesondere unser Wissenschaftsministerium hat sehr frühzeitig erkannt, dass Präsenzstellen eine wichtige Funktion in einem solch großen Flächenland wie Brandenburg spielen können. Brandenburg hat hier ein „Role Model“ geschaffen, das in anderen vergleichbaren Bundesländern Nachahmer finden könnte. Manche Bundesländer brauchen solche Anlaufstellen nicht: In der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart sind schon allein sieben staatliche Hochschulen vor Ort.

Was sind Ihre Herausforderungen?

Wir müssen unsere Arbeit in den beiden Präsenzstellen noch stärker nach innen und außen vermitteln. Insbesondere intern ist bislang wenig über unsere Arbeit sowie über das gesamte Landesprojekt der brandenburgischen Präsenzstellen bekannt. Das möchten wir als Team gerne ändern.

Es braucht aber auch einen Kulturwandel generell an deutschen Universitäten, die im internationalen Vergleich noch weit hinter den Hochschulen in Großbritannien oder in Skandinavien in Sachen Engagement, Partizipation und Outreach hinter her hinken. Dies wird auch in den BMBF Bemühungen mit der #FactoryWisskomm deutlich.

Bislang wird Wissenschaftskommunikation oftmals noch als der Transfer einer Forschungsleistung an ein Zielpublikum verstanden. Diese rein informative Vermittlung braucht eine Ergänzung durch dialogische Formate oder auch – da wo es passt – bottom-up - Projekte. Citizen Scienceship spielt beispielsweise in Schweden eine große Rolle.

Die disruptiven gesellschaftlichen Veränderungen bedürfen eines neuen Selbstverständnisses der Universitäten und Hochschulen. Die demokratischen Kräfte und staatlichen Institutionen sind angesichts eines europaweiten Erstarkens von populistischen Strömungen gefordert, die Veränderungsprozesse in allen Bereichen unserer Gesellschaft und der Wirtschaft im Dialog mit der Zivilgesellschaft zu diskutieren und versuchen gemeinsam nach Antworten und Lösungen zu suchen.

Die von der BTU betreuten beiden Präsenzstellen werden dazu sicherlich nur einen sehr kleinen Beitrag leisten können. Aber wie sagte kürzlich die Referatsleiterin Wissenschaftskommunikation im BMBF bei den Falling Walls in ihrem internationalen Workshop: „Science communication makes a difference!“

 

English Version:

New department for science communication offices in the KTT department

The university management attaches great importance to the two BTU science communication offices (in Spremberg and Finsterwalde). For this reason, the Executive Board has decided to set up a separate "BTU science communication offices" unit in the Knowledge and Technology Transfer Department headed by Katrin Erb from 1 October 2023. Dr Marita Müller will head the new unit. Thanks to her national and international experience in science and university communication she is ideally suited to further strengthen the visibility of the innovative state project.

The total of seven science communication offices in Brandenburg are a nationwide novelty and are unique in Germany. Not only the state of Brandenburg, but also the BMBF sees the strengthening of civil society through science communication as a very important task within our society, especially in rural areas. In this context, by setting up the new department, BTU is also creating the appropriate structure within the university to make the science communication offices even better known both internally and externally and to emphasise their importance for society.

 

Dr. Marita Müller

T (49) 355/693206

marita.mueller@b-tu.de

 

"The science communication offices are a real USP in Germany"

What are these science communication offices?

The science communication offices in Spremberg and Finsterwalde, founded in 2018 and 2020 respectively, are contact points in rural areas. They provide information and advice on all eight Brandenburg universities within the state. As BTU, we only look after these two science communication offices but the range of tasks performed by our colleagues on site covers the entire portfolio of all Brandenburg universities. This means that the staff at the science communication offices provide information on all four universities as well as the four universities of applied sciences. Ranzhi Liu and Anja Paulitz look after the Spremberg office whereas Frank Munser-Herzog (BTU) and Dominique Franke-Sakuth (TH-Wildau) man the Finsterwalde science communication office that is run jointly by BTU and TH Wildau.

Are there also science communication offices in other federal states?

No, not yet. Brandenburg's science communication offices are therefore a real USP in Germany. The current political situation in the peripheral regions makes science communication and the presence of the universities on site particularly important.

Where do you see the tasks and priorities in your work?

The major changes affecting our entire world - climate change, pandemic, wars - are causing considerable uneasiness in parts of German civil society. These major challenges demand answers. And this is where universities come in! We must live up to our responsibility and not only hold science festivals and science markets in large cities but also enter into dialogue with people living more in the periphery, address their questions and try to make the scientific knowledge process understandable. It is not about presenting simple and quick answers; rather the opposite is the case! It is important to emphasise the processual nature of science and research and to generate a lasting understanding of this.

Why do we need science communication offices?

Rural areas have long been neglected and are now being rediscovered in science communication. This can be seen, for example, in the Heimspiel Wissenschaft initiative organised by the Conference of University Rectors (HRK), among others, and funded by the Federal Ministry of Education and Research (BMBF). The state of Brandenburg, and in particular our Ministry of Science, recognised at a very early stage that science communication offices can play an important role in a state as large as Brandenburg. Brandenburg has created a "role model" here that might be emulated in other comparable federal states. Some federal states do not need such science communication offices: in Stuttgart, the capital of Baden-Württemberg, there are already seven state universities on site.

What are your challenges?

The two science communication offices should communicate what we are doing, both within the universities and to the public. Internally in particular, little is known about our work and about the entire state project of the science communication offices in Brandenburg. As a team we would like to change that.

However, a cultural change is also needed at German universities in general, which still lag far behind universities in the UK or Scandinavia in terms of engagement, participation and outreach. This is also evident in the BMBF's efforts with #FactoryWisskomm.

Until now, science communication has often been understood as the transfer of a research achievement to a target audience. This purely informative communication needs to be supplemented by dialogue formats or – where appropriate – bottom-up projects. Citizen science plays a major role in Sweden, for example.

The disruptive social changes require a new self-image of universities and higher education institutions. In the face of a Europe-wide strengthening of populist movements, democratic forces and state institutions are called upon to discuss the processes of change in all areas of our society and economy in dialogue with civil society and to try to find answers and solutions together.

The two science communication offices run by the BTU may only be able to make a very small contribution to this. But as the Head of Science Communication at the BMBF recently said in her international workshop at Falling Walls: "Science communication makes a difference!"